Allgemein, Für den Kopf

Die Seele wohnt mit (Teil 1) – Wohnungspsychologie

Zeige mir, wie du wohnst, und ich sage dir,
worauf du Wert legst.”

– Dr. Carl Peter Fröhling

Jeder von uns ist weit mehr als die Summe seiner Einrichtungsgegenstände, aber fest steht auch: Ein Zuhause ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Experten behaupten, es lässt sich anhand von Wohnungen einiges über Menschen erfahren – auch wenn sie manche Wahrheiten vielleicht gern verschleiern würden.

In meinem letzten Beitrag berichtete ich über die Auswirkungen der kapitalistischen Konsumgesellschaft auf den zwischenmenschlichen Bereich. Die foranschreitende Individualisierung trifft auch die Bereiche des Wohnverhaltens und Wohnerlebens.

Daher lässt sich in der Tat auch immer mehr aus Wohnungen lesen. Umgekehrt gilt: Die Einrichtung beeinflusst unsere Psyche. Wer zum ersten Mal die Wohnung einer neuen Flamme oder Bekanntschaft betritt, kann sich also ruhig einmal sorgfältig umschauen. “Die Gestaltung verrät oft mehr über den Bewohner, als ihm bewusst ist“, erklärt der Münchner WohnpsychologeUwe Linke. “Man richtet seinen Lebensraum nämlich instinktiv ein.”, führt er im Interview mit Onmeda weiter aus. Welche Rückschlüsse auf den Charakter lässt die Einrichtung einer Wohnung zu und wie kann man überhaupt aus ihr lesen?

Man kann ganz prinzipiell der eigenen Intutionon vertrauen. Denn die allein reicht im Grunde schon, um beurteilen zu können, ob die Einrichtung zu einer Person passt oder ob sie Unbehagen auslöst. Wer am liebsten die Flucht ergreifen würde beim Anblick der Wohnung, sollte vielleicht nicht gleich raus stürmen, aber doch seinem Gefühl Aufmerksamkeit schenken.
Eine Wohnungseinrichtung ist genauso persönlich und wichtig wie Stimme oder Geruch: Wer sich überhaupt nicht riechen kann, passt nun mal nicht zusammen. Wer sich in der Wohnung eines neuen Bekannten also extrem unwohl fühlt, kann mit Sicherheit trotzdem Spaß haben, aber wird vermutlich nicht mit ihm (/ihr) dauerhaft glücklich werden.

Der Wohnpsychologe sagt zudem: “Jemand, der Nähe sucht, fühlt sich inmitten warmer Farben und weicher Materialien wohl. Wer auf Distanz geht, mag klare Formen und bevorzugt oft Leder.” – Klingt logisch. Wird es wohl auch sein. Was gibt es noch?

Wände neu streichen, Möbel rücken oder gar öfter neue Möbel. Kommt bei einem nie wirklich Ruhe in das traute Heim und das obwohl der Alltag in geregelten Bahnen läuft, steckt hinter ständigem Ausmisten und Renovieren möglicherweise: „eine innere Unruhe, an deren Bearbeitung ich mich nicht heranwage“. Vielleicht ist man genervt vom Job, oder in der Beziehung läuft es nicht gut. Weil sich das aber nicht auf die Schnelle ändern lässt, beginnt man umzuräumen. – Auch eine sehr spannende Theorie!

Hängt hingegen ein Poster von Mucha an der Wand, im Regal die neuesten Designbände  – Ist das alles nur inszeniert? Um das heraus zu finden, kann man sich fragen: Kennt sich das Gegenüber tatsächlich mit Malerei und Literatur aus? Reicht das Wissen nur für oberflächliche Konversation? Falls jeweils Letzteres beim Gastgeber der Fall sein sollte, lauft ihr bei ihm/ihr nur durch eine Kulisse – die Kulisse seines Lebens.

Ach und es gibt vieles mehr zu entdecken. Anhand der Genres der Bücher in der Wohnung könnt ihr die Interessen des Bewohners erschließen. Manch einer der besonders beliebte Filmposter für alle möglichst sichtbar aufhängt, steht auf Mainstream und möchte besonders Akzeptanz und Anerkennung durch die Umgebung. Man denke nur an all die plötzlich aufploppenden “Fans” von Star Wars – als ein Beispiel. Herrscht Unordnung in der Wohnung, so neigen diese Menschen zur Unpünktlichkeit und gehen meist etwas verstreut durchs Leben. Dennoch gelten Unordentliche als spontaner.

Aber bloß nicht alles für bahre Münze nehmen – schließlich handelt es sich hierbei ja nicht um unumstößliche Wahrheiten. Doch die eine oder andere Charaktereigenschaft wird sich schon bewahrheiten.

 

Aber genug der Theorie! Wie sieht es wohl bei mir Zuhause aus?? Vor ein paar Monaten bin ich umgezogen und richte seither meine Wohnung Schritt für Schritt ein. Im Laufe meiner Recherchen für diesen Beitrag fand ich einige Tests zu Einrichtungstypen und machte einen nur zum Spaß mal mit. Hier ist das Ergebnis – vielleicht gibt es euch ja einen Eindruck, wie mein Zuhause aussehen könnte:

flat

Eine Wohnung muss so viele Anforderungen erfüllen. Sie soll ja schließlich Heimat, Sicherheit, Geborgenheit und Identität bieten. Aber wie wohnt man richtig? Was muss man tun, um sich in seiner Wohnung wohl zu fühlen? Braucht man wirklich viel Geld damit es auch nach was aussieht?

Viele Menschen greifen oft die Anregungen und Trends aus Zeitschriften und TV leichtfertig auf, ohne sich zu fragen, ob das aktuelle Design überhaupt zum eigenen Wohnverhalten und zu den eigenen Bedürfnissen passt. Doch die Meisten spüren von vornherein, welcher Möbelstil ihnen nicht guttut und entscheiden sich intuitiv für das Richtige. Den Einwand, dass viele Menschen nicht die nötigen Mittel für eine gelungene Einrichtung haben, lasse ich keinesfalls gelten. Meine Wohnung habe ich komplett Low-Budged eingerichtet.

Habe ich euch neugierig gemacht? Na dann los mit dem kleinen persönlichen Rundgang durch mein Privatestes:

Stein und Mörtel bauen ein Haus.
Geist und Liebe schmücken es aus.

– Unbekannt

Der Flur
Fotos, Plakate, Gemälde: Was erfährt man durch Bilder über die Person, die hier lebt?

Wer sich mit Fotos seiner Liebsten umgibt, für den stehen laut Uwe Linke Gefühle hoch im Kurs: „Jedes dieser Bilder besitzt einen emotionalen Wert, eine Erinnerung an schöne Zeiten.“ Und zeugt zugleich von einer gewissen Extrovertiertheit, haben Psychologen herausgefunden. Denn extrovertierte Menschen genießen die Anwesenheit anderer – selbst wenn diese nur in einem Rahmen zu sehen sind.

flat
flat
flat
stube
stube
flat
stube
stube
flat
flat

 

 

 

“Ein Haus läßt sich kaufen,
aber nicht ein Zuhause.”

Walter Ludin

Das Wohnzimmer
Das Wohnzimmer ist für mich besonders ein Ort der Erholung, des Rückzugs, der Zusammengehörigkeit, Selbstverwirklichung und Freizeit. In Wohnungen wird heute verstärkt gearbeitet und es werden häufiger Freunde und Bekannte empfangen als noch vor zwei Jahrzehnten (erst in den letzten 20 Jahren hat sich unser aktuelles Verständnis von Wohnen herausgebildet). Genau diese Anforderungen habe ich auch an mein Heim und besonders an die Stube.

flat
Im Volksmund heißt es, dass Grün glücklich macht, weil es die Farbe des Lebens und der Hoffnung ist, dass Blau beruhigt und dass Rot anregend wirkt. Mein Wohnzimmer habe ich grün gestrichen, denn mit Grün assoziiert man in erster Linie Natürlichkeit und Frische. Grüne Räume können beruhigend, ausgleichend und sogar lärmdämpfend wirken. Damit empfiehlt sich Grün insbesondere für Schlafzimmer oder Relaxzonen. Ich wollte eine wohlige Farbe, die gut mit antiken Möbeln, Pflanzen und goldenen Rahmen harmoniert. Den perfekten Ton dafür habe ich in meinem matten, dunklen Waldgrün gefunden.

flat
flat
flat

An den Wänden hängen Wandteppiche, Vintage-Holzbilder und ein modernes Gemälde neben selbst gemachten Modelarbeiten. Ein bunt gemusterter Sessel thront neben dem bepflanzten Weinballon. Und Bücher zu allen möglichen Themenbereichen – von Archäologie über Politik bis hin zu Psychologie und Dichtkunst – stapeln sich mit allerlei Accessoires im Regal.

Dass hier kein reiner Vernunftmensch lebt, ist offensichtlich. Es muss aber auch nicht automatisch ein schrulliger Exzentriker sein, sagen Experten zu solch eher ausgefallen Wohnungen. Gut möglich, dass es sich vielmehr um eine Person handelt, die Konventionen hinterfragt, offen für neue Erfahrungen ist und ihr Leben unabhängig vom Urteil anderer führt – ein Freigeist eben. Ein Individualist, wie es auch schon der Test ergab. Und das bin ich in der Tat. Ganz dem Kredo:

Be yourself; everyone else is already taken.”

– Oscar Wilde

stube
stube
flat
flat
flat
flat
flat

Das Wohnzimmer ist das Herzstück jeder Wohnung. Hier wird gelesen, geruht, ferngesehen, gegessen, Freunde empfangen, gespielt und vieles mehr. Auch wenn noch ein-zwei Möbelstücke fehlen und es noch dauern wird, bis ich sie mir leisten kann, bin ich doch schon recht zufrieden mit diesem Raum. Ich kann hier runter kommen und relaxen, empfange regelmäßig Freunde und Familie, kann in Ruhe arbeiten und fühle mich generell wohl und das ist doch am wichtigsten.

flat

Hat euch das Gesehene gefallen, schreibt ein Kommentar und guckt bald wieder rein für Teil 2.

Dann gibt es mehr Einblicke und vielleicht ja sogar Anregungen zur Wandgestaltung, Wohnideen und Einrichtungstipps für eure 4 Wände. 🙂

 

Bei manchen fühle ich mich wie zu Hause,
bei Dir, da wünschte ich, ich wär’s.

– Peter E. Schumacher

 

flat

Quelle: Die Psychologie des Wohnens von Uwe Linke

Hinterlasse einen Kommentar

31 Kommentare auf "Die Seele wohnt mit (Teil 1) – Wohnungspsychologie"

wpDiscuz